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Management Digitalisierung muss Mitarbeiter begeistern

Mitarbeiter müssen die digitale Transformation mitgestalten können. Von Klaus Schwab
Ausprobieren, mitgestalten, mitentscheiden: Wenn Mitarbeiter am Prozess beteiligt sind, kann digitale Transformation gelingen.
Ausprobieren, mitgestalten, mitentscheiden: Wenn Mitarbeiter am Prozess beteiligt sind, kann digitale Transformation gelingen.
© Getty Images

Wenn Unternehmen über die digitale Transformation nachdenken, dann beschäftigen sie sich in der Regel zunächst einmal mit Businessmodellen, Technologien, Plattformen und Prozessen. Das ist nicht verkehrt und doch zu wenig. Denn digitale Transformation kann Unternehmen nur gelingen, wenn sie den Menschen in den Mittelpunkt stellen.

Menschen sind die größte Hürde und gleichzeitig die größte Chance in diesem Prozess. Und das in zweifacher Hinsicht: Zum einen müssen Unternehmen verstehen, welche Auswirkungen die Digitalisierung auf die Bedürfnisse und das Verhalten der eigenen Kunden und zukünftiger Zielgruppen hat. Nur so lassen sich digitale Angebote, Plattformen und Kommunikation entwickeln, die relevant für aktuelle und zukünftige Nutzer sind und damit Aussicht auf Erfolg haben. Und zweitens haben Veränderungsprojekte nur dann eine Chance auf Nachhaltigkeit, wenn die eigenen Mitarbeiter die Auswirkungen der Digitalisierung auf das Unternehmen und die Branche verstehen und die entsprechend notwendigen Veränderungen mittragen.

Gewohnheit macht bequem

Zwar beziehen wir privat Nachrichten über Newsfeeds oder von Facebook, wir streamen Filme, Musik oder Fernsehserien wann und wo wir wollen. Wir kommunizieren über soziale Netzwerke und Messenger, buchen Reisen online, erledigen unsere Einkäufe über das Netz und steuern die Heizung via App. Die omnipräsente und fortschreitende Digitalisierung hat unseren Alltag verändert – und verändert ihn weiter in wachsendem Tempo.

Waren wir gestern noch fasziniert von der Möglichkeit, Nahrungsmittel online zu bestellen, erreichen uns politische Erdbeben mittlerweile via Twitter und morgen bestellen wir neues Toilettenpapier selbstverständlich via Echo. In fast jedem Lebensbereich spüren und erleben wir die Veränderung. Wenn es jedoch um unseren Job und die eigene Firma geht, ändert sich bei vielen Menschen Einstellung und Wahrnehmung. Weil Gewohnheit bequem ist und denkunflexibel macht. In den Köpfen vieler Verantwortlicher hat sich eine mächtige Blockade breitgemacht: Die Aussage „Es geht nicht” ist gleichzusetzen mit „Ich kann es mir gerade nicht vorstellen, irgendwas anders zu machen.”

Digitale Transformation "top down" wird scheitern

Ungeachtet der Tatsache, dass die Digitalisierung nahezu jede Branche betrifft, findet man trotzdem noch Führungskräfte wie Mitarbeiter aller Hierarchieebenen, die – unabhängig von Branche und Lebensalter – darauf beharren, dass das Thema in ihrem eigenen Berufsleben gerade nicht relevant ist.

Komplette Ablehnung, große Skepsis oder die generelle Furcht vor Veränderung ist – insbesondere bei Change-Prozessen - nur allzu menschlich. Wer diesen Aspekt ausblendet und meint, digitale Transformation „top down“ – im wahrsten Sinne von oben herab – verordnen zu können, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit scheitern.

Um die digitale Transformation erfolgreich bewältigen zu können, müssen Unternehmen bei ihren Mitarbeitern Verständnis und Bereitschaft für den Wandel, aber auch Lust auf Veränderung wecken. Aus Betroffenen müssen Beteiligte werden.

Dabei können Mitarbeiter im seltensten Fall konkret etwas mit dem Schlagwort „Digitale Transformation“ anfangen. Das Wort ist zu sperrig und gleichzeitig zu vielfältig interpretierbar. Wesentlich einfacher ist es, sich der Aufgabe zu nähern, wenn man konkrete Fragen stellt, diese offen kommuniziert und diskutiert: Wie verändert sich die Mediennutzung unserer Kunden durch die Digitalisierung? Wie verändern sich ihre Bedürfnisse und ihr Kaufverhalten? Entstehen neue Zielgruppen und wie ticken diese? Entsteht auf neuen Kanälen und Plattformen nennenswerte Nachfrage für unsere Produkte? Müssen wir die Rolle und den Mix der Kommunikations- und Vertriebskanäle neu gewichten? Wie gehen unsere bisherigen Wettbewerber mit der neuen Situation um? Wo entstehen neue Wettbewerber, die vielleicht nur einen Teil unserer Wertschöpfungskette anbieten, diesen aber in bisher nicht gekannter Qualität?

Nur wenn gemeinsam Antworten auf diese Fragen gefunden werden, lassen sich Veränderungsprozesse im Unternehmen selbst argumentativ und nachvollziehbar begründen. Sind einschneidende Veränderungen die Folge der Analyse, müssen alle Mitarbeiter die Gründe dafür kennen. Digitale Transformation gelingt nur Unternehmen, die Ängste und Vorbehalte ihrer Mitarbeiter ernst nehmen.

Buzzword-Bingo ist kontraproduktiv

Holen Sie die Mitarbeiter, die Sie im ersten Schritt benötigen, um den Wandel einzuleiten, am besten in unterschiedlichen Trainingsformaten zusammen. Denn nur wer etwas praktisch erfahren und ausprobiert hat, kann eine Materie wirklich begreifen. Das gilt für die Möglichkeiten des mobilen Bezahlens für das eigene Unternehmen genauso wie für Überlegungen, agile Formen des Projektmanagements einzuführen. Stellen Sie beispielsweise in einem zweitägigen Workshop neue Werkzeuge und Ansätze an konkreten Beispielen vor – auch mit externer Unterstützung. Besuchen Sie gemeinsam Startups auch fremder Branchen, testen Sie und probieren Sie Technologien praktisch aus. Tauschen Sie sich mit Digital Natives zu ihrer Mediennutzung und Konsumverhalten aus. Ziel ist es, Dinge und Entwicklungen anfassbar, erlebbar und damit verstehbar zu machen, um dann die Chancen und Herausforderungen für das eigene Unternehmen abzuleiten.

Auch hilft das gemeinsame Erarbeiten konkreter Ziele und Visionen in Workshops gegen eventuelle Ängste, die durch das Gefühl einer fehlenden Kompetenz entstehen können. Spielen Sie Planspiele ganz praxisnah durch und verzichten Sie – wo immer es geht – auf Fachbegriffe. Buzzword-Bingo ist im Alltag kontraproduktiv. Am Ende ihrer Schnupper- und Begreifphase kann der Entwurf einer Digitalstrategie für Ihr Unternehmen stehen. Natürlich handelt es sich dabei nur um einen ersten Wurf, der fundiert und detailliert überarbeitet werden muss. Aber Sie schaffen eine gemeinsame Vorstellung davon, wie die Umstellung ganz konkret aussehen kann.

Und klar ist auch: Wenn die Strategie einmal entwickelt und grundlegende Entscheidungen getroffen sind, behalten diese nicht auf Jahre hinaus ihre Richtigkeit und Gültigkeit. Sicher ist nur eins: Das nächste Update kommt bestimmt. Deshalb sollte die Iteration als Prinzip von Beginn an eingeplant und zum festen Bestandteil des Strategie- und Denkprozesses gemacht werden.

Mitspracherecht reduziert Widerstände

Eine aktive und offene Kommunikation muss deshalb ein fester Bestandteil für alle Prozesse sein. Binden Sie die Mitarbeiter ein – in Entscheidungen, neue Ideen und Strategien. Das Gefühl ernst genommen zu werden und ein Mitspracherecht zumindest im eigenen Bereich zu bekommen, kann Widerstände reduzieren. Damit am Ende alle im Unternehmen verstehen und überzeugt sind, dass der Wandel als Konstante Teil der neuen Arbeitswelt ist.

Klaus Schwab ist in der Geschäftsführung der Serviceplan-Tochter Plan.Net für die Bereiche Strategie, Beratung, Business Development und Marketing verantwortlich.

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